Die Aktien der Silicon Valley Bank Financial Group (SIVB.O) stürzten am Donnerstag stark ab, nachdem das Finanzinstitut nach einem Rückgang der Einlagen Vermögenswerte mit Verlust verkauft hatte. Die Auswirkungen erfassten den gesamten Bankensektor, von dem viele Anleger angenommen hatten, dass er von den Sorgen um eine Rezession und steigenden Zinsen weitgehend abgeschottet sei. Wie wirkt sich dies auf den Rest des Finanzmarktes aus?
Was war geschehen?
Die SVB Financial Group bemühte sich am Donnerstag, ihren Risikokapitalkunden zu versichern, dass ihr Geld sicher sei. Dazu sah sie gezwungen, nachdem eine Kapitalerhöhung zum Einbruch der Aktie um 60 % geführt hatte. Es lösten sich Bankaktien im Wert von über 80 Mrd. US-Dollar in Luft auf.
Silicon Valley Bank startete am Mittwoch einen Aktienverkauf im Wert von 1,75 Mrd. USD, um ihre Bilanz zu stützen. In einem Prospekt für Investoren heißt es, dass die Erlöse benötigt würden, um ein Loch in Höhe von 1,8 Mrd. USD zu stopfen, das durch den Verkauf eines verlustbringenden Anleiheportfolios in Höhe von 21 Mrd. USD verursacht wurde. Dieses besteht hauptsächlich aus US-Staatsanleihen. Das Portfolio erbrachte eine durchschnittliche Rendite von nur 1,79 % und lag damit weit unter der aktuellen Rendite 10-jähriger Staatsanleihen von rund 3,9 %.
Viele Kunden von SVB sind im Risikokapitelbereich tätigt und verbrennen jede Menge Cash. Um das Portfolio in Anbetracht höherer Zinssätze neu auszurichten, sah sich der Kreditgeber gezwungen, Wertpapiere zu verkaufen.
Angesichts des aktuellen schwierigen wirtschaftlichen Umfelds sind Risikokapitalfirmen weniger bereit, Start-ups zu finanzieren. Für die SVB ist das ein klares Problem, denn es erhält die Einlagen von VC-unterstützten Start-ups, die zuvor liquide waren. Zum Ende Februar verfügte Silicon Valley Bank über Kundengelder in Höhe von 326 Mrd. USD. Das entspricht einem Rückgang von 15 Mrd. USD gegenüber dem Stand Ende letzten Jahres.
Über Silicon Valley Bank
Silicon Valley Bank wurde 1982 gegründet und fördert hauptsächlich Start-ups und Tech-Firmen, die in der Region ansässig sind. Der Legende nach riefen William Biggerstaff und Robert Medearis die Bank bei einem Pokerspiel ins Leben. Die Hauptstrategie der Bank bestand darin, Einlagen von Unternehmen zu sammeln, die durch Risikokapital finanziert wurden.
Bei Silicon Valley Bank handelt es sich um eine Tochtergesellschaft der SVB Financial Group, die bis 2011 bereits über 30.000 Start-ups mit Finanzmitteln unterstützt hat. Seinen Hauptsitz hat SVB in Santa Clara, Kalifornien.
2021 erwirtschaftete die Bank einen Reingewinn von 1,7 Mrd. USD. Silicon Valley Bank ist nur nicht allein in den USA tätig, sondern auch in London, Hongkong, China, Israel, Frankfurt und Kanada. Mehr als 8.500 Mitarbeiter arbeiten weltweit für die SVB.
Tiefer Sturz der SVB-Aktie
Die SVB-Aktie fiel nach der Bekanntmachung des Verkaufs am Donnerstag um 62 % auf 106,04 USD, deutlich unter dem Wert von 592,56 USD, den die Aktie Ende März 2022 noch erreichen konnte.
Es war der stärkste Rückgang unter den Unternehmen im S&P 500 und der größte prozentuale Rückgang überhaupt. Im nachbörslichen Handel fielen die Aktien weiter und sanken um zusätzliche 17 %. Dies führte zu einem breiteren Rückgang von Bankaktien, weshalb der Nasdaq Bank Index (BKX) um 7,7 % fiel. Damit ist es das schlechteste Ergebnis seit Juni 2020, als der Index über 9 % verlor.
SVB unterhält Beziehungen zu mehr als der Hälfte aller Venture-Capital-Firmen in den USA. Die Besorgnis in der Branche um die Liquidität, Bilanzstärke und letztendlich das Überleben der Bank sind groß.
Angst vor Bank Run
Die Bank versucht nun Kunden davon zu überzeugen, ihr Geld nicht wegen Bedenken hinsichtlich einer Liquiditätskrise abzuheben.
Üblicherweise scheuen sich Banken davor, einen und überhaupt drei der von SVB unternommenen Schritte zu wagen: Es wurden 21 Mrd. USD der liquidesten oder am leichtesten handelbaren Anlagen verkauft; es wurden 15 Mrd. USD geliehen, und es wurde ein Notverkauf seiner Aktien organisiert, um Bargeld zu beschaffen. Die Alarmglocken läuten also bei Investoren und Kunden.
Wenn die Silicon Valley Bank scheitern würde, wäre dies der zweitgrößte derartige Niedergang in der US-Geschichte. Ein möglicher Bank-Run dürfte ähnlich ausfallen wie der Ansturm auf Washington Mutual während der Finanzkrise 2008, die rund 300 Mrd. USD an Kundeneinlagen hatte.
Verglichen mit anderen Banken an der Wall Street ist die Silicon Valley Bank recht klein, hat aber eine übergroße Präsenz unter Tech-Start-ups. Sie bezeichnet sich selbst als “Finanzpartner der Innovationswirtschaft” und zusätzlich zu seinen Dienstleistungen für Start-ups ist sie dafür bekannt, Kredite und private Vermögensverwaltung für Tech-Mitarbeiter anzubieten. Nach den letzten großen Mitarbeiterentlassungen in der Branche und die Unsicherheiten um Arbeitsplätze wäre ein Zusammensturz und Verlust persönlicher Anlagen ein weiterer Schlag.
Goldman Sachs geht davon aus, dass ein Run auf die Bank unnötig sei. In einer am späten Donnerstag veröffentlichten Mitteilung sagte die Bank, die von der SVB dargestellten Probleme seien hausgemacht und nicht systembedingt.
Man erkennt natürlich an, dass es ein Problem für SVB und andere gibt, ausgelöst durch die Zinserhöhung der Fed zur Unterdrückung der Inflation.
Die Beschwichtigung durch Goldman Sachs soll für etwas Ruhe sorgen und dürfte dies auch für manche Anleger erreicht haben. Andere Investoren wie Tribe Capital raten Unternehmen jedoch dazu, einen Teil oder ihr gesamtes Geld von der Bank abzuheben. Die Aktie dürfte in nächster Zeit noch weiter sinken.
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